Seit 2013 gibt es über § 6a BJagdG die Möglichkeit, die Jagd auf eigenen Grundflächen aus ethischen Gründen abzulehnen. Dies gilt jedenfalls für natürliche Personen. Die Frage, ob sich auch juristische Personen, wie Personenvereinigungen oder selbständige Vermögensmassen , auf ethische Gründen berufen und damit die Jagd auf ihren Flächen ablehnen können, lag kürzlich dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor. Doch nicht immer ist man nach einer Entscheidung des BVerfG schlauer. Aber der Reihe nach.
Warum wurde das BVerfG angerufen?
Jagdrechtliche Bestimmungen verpflichten Eigentümer der einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk zugehörenden Grundflächen, die Jagd auf diesen Flächen zu dulden. Mit Einführung des § 6a BJagdG am 06.12.2013, haben natürliche Personen die Möglichkeit, die Jagd aus ethischen Gründen abzulehnen und einen Antrag auf Ruhen der Jagd zu stellen, wenn sie die Gründe glaubhaft machen können. Die Beschwerdeführer waren zwei Stiftungen, also juristische Personen. Nach dem Wortlaut der Norm können sie sich nicht nicht auf § 6a BJagdG berufen. Daran ändert sich auch die Erklärung, das Dulden der Jagd laufe dem auf auf einer Gewissensentscheidung beruhenden Stiftungszweck und der Überzeugungen der dahinter stehenden Menschen zuwider. Die Stiftungen meinen, dass § 6a BJagdG sie im Gegensatz zu natürlichen Personen grundlos benachteilige. § 6a BJagdG knüpfe nicht an die Gewissensfreiheit an, die laut des EGMR aber Organisationen haben können, sondern an das Eigentumsrecht, welches juristischen Personen zweifelsohne zustehe. Außerdem habe der Gesetzgeber verkannt, dass auch juristische Personen in einen Gewissenskonflikt kommen können, wenn ihr Zweck einer Jagd widerspricht. Daher habe der Gesetzgeber auch juristischen Personen die Möglichkeit zu geben, die Jagd abzulehnen.
Was entschied das BVerfG?
Das BVerfG ließ die Fragen offen, ob die Beschwerdeführer die Ablehnung der Jagd als Ziel verfolgen und ob sich dieser Zweck, sollte er bestehen, auf eine Gewissensüberzeugung zurückführen lässt. Damit bleibt auch offen, ob juristische Personen eine Gewissensüberzeugung haben können und welche Anforderungen an deren Bildung zu stellen sind.
Das BVerfG erachtete die Beschwerden bereits als unzulässig. Einmal hätten die Beschwerdeführer zunächst die Fachgerichte anrufen müssen, da sie einen Antrag an die Behörden hätten stellen können, um danach gegebenenfalls die Fachgerichte anrufen zu können. Diese haben keine feststehende Rechtsprechung zu der Frage, ob juristische Personen die Jagd ablehnen können, und fachgerichtlicher Klärungsbedarf bestünde, ob eine entscheidungserhebliche verfassungsrechtliche Fragestellung vorliege.
Darüber hinaus sei die Frist nicht gewahrt. Selbst wenn eine Verfassungsbeschwerde gegen gesetzgeberisches Unterlassen nicht an die Jahresfrist gebunden ist, liege hier kein gesetzgeberisches Unterlassen vor. Er sei ablehnend tätig geworden, was kein Unterlassen darstelle. Damit hätten sich die Beschwerdeführer, die unmittelbar und gegenwärtig hätten betroffen sein müssen, direkt gegen das Gesetz innerhalb der Jahresfrist oder gegen einen Vollziehungsakt im Wege der Anfechtung des Aktes wehren müssen.
Ausblick
Das BVerfG schlägt den Beschwerdeführern einen Weg vor, Rechtsschutz und -sicherheit zu erlangen. Sie können einen Antrag stellen und sich gegen einen eventuell negativ beschiedenen im Wege der verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsklage wehren. Die Fachgerichte haben dann zu klären, ob juristische Personen ein Gewissen haben können und ob die Gewissensüberzeugung und daraus resultierende Ziele und Zwecke der juristischen Person sich explizit gegen die Jagd richten müssen.
Bereits 1960 entschied das BVerfG zur Kriegsdienstverweigerung, eine Gewissensentscheidung sei
„jede ernste sittliche, d. h. an den Kategorien von Gut und Böse orientierte Entscheidung […], die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.„
Aber kann dies auch auf juristische Personen übertragen werden? Es gibt sicher gute Gründe. Doch die Abgrenzung wird schwierig und umfangreich sein. Es wird sicher auf die verbindliche Festlegung fundamentaler Werte in der Satzung der juristischen Person ankommen.